Im Schlossinnern gab es an den letzten beiden Augustwochenenden
des bayerischen Autors und Kabarettisten Georg Ringsgwandl, zu sehen.
Musiktheater wollen Geschichten erzählen.
Eine Geschichte, die auf einem kleinen heruntergekommenen Bauernhof spielt und doch die
große Welt verhandelt. Das Stück „der varreckte Hof“ verlangt regelrecht nach großen Bildern und großen
Emotionen.
All das bietet der Facettenreichtum des Genres.
Nicht zuletzt deswegen sah sich die Regisseurin Brigitte Wiesinger zusammen mit den Darsteller*innen
zuallererst als Geschichtenerzählerin.
Das Werkzeug: Schauspiel, Gesang und Tanz.
Die gelungene Inszenierung der Stubenoper des bayerischen Kabarettisten Georg Ringsgwandl mit Brigitte Wiesinger als so verwirrter wie bewusster Altbäuerin hat das Publikum begeistert.
Was urkomisch mit Spiel und Gesang und gut gesetzten Pointen beginnt, endet in bedrückender Realität.Schonungslos kritisiert Ringsgwandl die Gesellschaft in Stadt und Land. Die alte Bäuerin wartet auf Nachwuchs, doch die Kinder, Sohn Rupert und Tochter Gerlinde, versagen. Die Alte ist raffiniert, redet Unsinn und nässt ins Bett, ist aber noch immer die Herrin am „gschlampaten Hof“. „Alls is gschlampat“ singt sie, aber „wichtig is, dass weida geht“. Deshalb muss ein richtiges Weib her, „das aufnimmt“. In Svetlana der jungen feschen Pflegerin meint die Weichsenriederin sie gefunden zu haben.
Die Themen, die sich Ringsgwandl vornimmt, um Klischees zu zertrümmern, den Unsinn der Lebensführung aufzuzeigen und klarmacht, dass da niemand Gewinnerin /Gewinner sein kann, sind so vielfältig und aktuell, wie sie täglich von den Medien behandelt werden. Von der Landflucht über das Los von Pflegebedürftigen und Pflegekräften bis zur sterbenden Landwirtschaft und dem selbstgemachten Berufsstress. Ist dieses Leben, ob als überflüssige Alte, als ungeliebte Migrantin, als vielfach belastete Frau schlechthin, als fauler Beamter oder sich abhetzender Manager, überhaupt lebenswert? Ringsgwandl beantwortet die Frage zögernd. Svetlana bekommt das erwünschte Kind, der Hoferbe besinnt sich und wird heiraten. „G’heirat wird erst, wenn des Kind da ist“, befiehlt die Weichsenriederin. Wie's weida geht, kann sich das Publikum selbst ausmalen. Rosig sieht die Zukunft am varreckten Hof nicht aus.
... politisch korrekt ist der bairische Kabarettist, Liedermacher, Punkrocker und Kardiologe Georg Ringsgwandl, der in den 80er und 90er Jahren die Kleinkunstbühnen und große Häuser füllte, in seiner „Stubenoper“ „Der verreckte Hof“, den das Schlosstheater Peuerbach stimmig in den Innenhof des Melodium Peuerbach setzte. Net ums Varrecken lässt der Bayer die gängigen Klischees von der Ineffizienz der Beamten, den Halbtagsjob der Lehrer/ -innen, die Vorurteile gegen ausländische Pflegekräfte aus. Und net ums Varrecken lässt sich die Regisseurin Brigitte Wiesinger, die auch mit stoischer Gelassenheit als Altbäuerin Zäzilia die größten Wuchteln scheibt, die hinterlistige, tiefgründige Seite dieser Satire entgehen.
Die alte Bäuerin sieht den Hof ohne Erben verkommen, hat aber immer noch
das Heft in der Hand, wobei sie in brenzligen Situationen durchaus auf
ihre Demenz pocht (das hätte vielleicht noch stärker herausgearbeitet
gehört). Wer soll sie pflegen? Natürlich ist die als Lehrerin
überforderte Tochter Gerlinde (lebensnah gestaltet von Doris Amersberger,
wenngleich ein leiser Hang zum Outrieren besteht) als Erste gefragt, auch wenn ihr beamteter Mann Günther
(etwas blass Herbert Wiesinger) in seinem Sabbatical Zeit genug hätte, ebenso der Sohn Rupert
(Dietmar Groiss), der einen exaltierten Manager glaubhaft gestaltet. Also muss eine moldawische
Pflegekraft her.
Kornelia Wagner
glänzt hier durch Rasanz, Ausdruck und Sprache – und verzaubert dabei
beide Männer. Sie bildet einen wunderbaren Kontrast zur gebrechlich
wirkenden, aber mit losem Maul agierenden Altbäuerin.
Ringsgwandl hat sein Stück eine Stubenoper genannt und die musikalische
Seite muss besonders hervorgehoben werden. Die Instrumentalmusiker d‘ Auhäuser unter der Leitung von
Franz Meingassner
legen einen wunderbaren alpenländischen Klangteppich, die an den
griechischen Chor gemahnenden Knechte und Mägde (von der Regie wunderbar
in Hinter- und Oberbühne eingesetzt) sind ein kompakter Klangkörper
(Einstudierung: Doris Amersberger).
Ein so diffiziles, forderndes und teils Grenzen des Amateurtheaters
sprengendes Theaterstück so auf die Bretter zu bringen, verdient größte
Hochachtung. Chapeau!
[Quelle: Amateurtheater-Oberösterreich 29. August 2022 | von Hermine Touschek | Rezension: Bernhard Paumann ]
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