"Kalter weißer Mann" von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob ist eine satirische Komödie, die sich meisterhaft mit den aktuellen gesellschaftlichen Debatten um Gender, Identität und politische Korrektheit auseinandersetzt. Die Autoren verstehen es, mit den gängigen Klischees zu spielen, indem sie diese auf humorvolle Weise übertreiben und damit die Absurdität bestimmter Diskussionen und Verhaltensweisen bloßlegen.
Durch diese Übertreibungen wird die Komik in den Szenen verstärkt, und die Zuschauer werden oft dazu gebracht, über ihre eigenen Vorurteile und Verhaltensmuster zu lachen. Doch der Humor ist nicht oberflächlich – er dient als Mittel, um tiefere gesellschaftliche Probleme und Widersprüche aufzudecken. So gelingt es Jacobs und Netenjakob, eine feine Balance zwischen Unterhaltung und Gesellschaftskritik zu schaffen.
Die Inszenierung unter der Regie von Brigitte Wiesinger setzt diesen satirischen Ansatz gekonnt in Szene und verstärkt die Wirkung der gesellschaftskritischen Pointen.
Das Peuerbacher—Schlosstheater macht das Drama ums Gendern zur Komödie.
nach Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob
Der Firmengründer ist mit 94 Jahren friedlich entschlafen. Sein designierter Nachfolger richtet für das Unternehmen die Beisetzung aus. Die Trauerfeier soll der Startschuss seiner Geschäftsführerkarriere sein. Doch kurz vor der Zeremonie entbrennt zwischen dem neuen Chef und seinen Angestellten eine erhitzte Debatte über den Text auf der Schleife des Trauerkranzes. All die aktuellen Diskussionen, Polemiken und Verletzungen rund um die Themen Gendern, Sexismus, Wokeness und politische Correctness prallen frontal aufeinander. Vor dem Theaterpublikum als versammelter Trauergemeinde zerfleischt sich in diesem hochpointierten Stück schließlich die Führungsetage der Firma immer mehr. Und nicht einmal der verzweifelte Pfarrer kann die Wogen glätten.
Von Hermine Touschek | Rezension Christian Maier
Mit „Kalter weißer Mann“ schafft es das Autorenduo Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob, gesellschaftlich relevante und höchst aktuelle Themen wie Rassismus, Macht und Privilegien auf eine humorvolle, aber auch provokante Weise zu behandeln. Unter der Regie von Brigitte Wiesinger (Gesamtleitung Brigitte u. Herbert Wiesinger) gelingt ein höchst amüsanter Wechsel zwischen lustigen Momenten und ernsthafter Reflexion.
Die Handlung folgt einem „weißen Mann“, der offenbar tief in einer existenziellen Krise steckt, spielt er ja nun bereits seit nahezu 35 Jahren die zweite Geige in einer alteingesessenen Firma für Feinstrumpfwaren. Nun ist der 94-jährige Patriarch des Unternehmens verstorben und sein Protegé Herr Binder (Herbert Wiesinger) ist der festen Überzeugung, er werde sein Nachfolger. Die von ihm organisierte Trauerfeier läuft dann allerdings völlig aus dem Ruder. Sorgt doch der Text auf der Kranzschleife für heftige Irritationen: „In tiefer Trauer. Deine Mitarbeiter“ geht ja wohl gar nicht – findet zumindest die Marketing-Leiterin Frau Bergreiter (Anne Weinberger). Wo bleiben denn da die weiblichen Angestellten? Und auch seine Sekretärin Sabine (Kornelia Wagner), der Social Media Chef Mike (Kevin Prechtl) und sogar die Praktikantin Lea (Lilli Wagner) sind derselben Auffassung. Sollte man hier nicht den Text ändern oder gar ein Gender-Sternchen aufmalen? Unter dem Druck des für die Trauerfeier verantwortlichen Pfarrers (Helmut Bannert) eskaliert die Situation letztendlich derart, dass sogar die Vormachtstellung des Geschäftsführers in spe ins Wanken gerät.
Das beeindruckende Bühnenbild, die Gestaltung des Lichts und die Auswahl der Musik passen sich hervorragend an die Szenerie an und unterstützen dabei perfekt den emotionalen Bogen der Geschichte.
In einer Zeit, in der Diskussionen über Privilegien und soziale Ungerechtigkeit allgegenwärtig sind, gelingt es dem Peuerbacher Schlosstheater mit dieser Produktion eine ebenso witzige wie nachdenklich stimmende Auseinandersetzung mit den Themen Rassismus und Machtverhältnisse zu führen. Dies gelingt vor allem dank der großartigen Leistungen der Darsteller*innen. Sie schaffen es mit viel Fingerspitzengefühl, die verschiedenen Charaktere der Figuren äußerst glaubhaft und authentisch zu zeigen und jede Szene nachvollziehbar, zum Teil aber auch erschreckend realistisch zu machen.
Ein absolut lohnender und überaus kurzweiliger Theaterabend der bereits heute Lust auf das nächste Mal macht!
Quelle: amateurtheater-ooe.at
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